Rezension über das Buch von Claudia Guderian:

Magie der Couch – Bilder und Gespräche über Raum und Setting in der Psychoanalyse
Stuttgart, W. Kohlhammer, in: Brückenschlag, Zeitschrift für Sozialpsychiatrie, Literatur, Kunst, Band 21, Neumünster, Paranus Verlag, 2005

 

Die letzten „magischen Räume“


Ja, warum ist denn da nicht schon früher jemand draufgekommen?
Die Idee ist so schlicht wie die Gästebett-Couch (Ahornfurnier auf Spanplatten) von Seite 50, aber eben auch so gediegen wie die schwarze Ledercouch „Toshiyuki Kita“ von Seite 46: Man frage Vertreterinnen und Vertreter der psychoanalytischen Zunft in verschiedenen Teilen der Welt: „Darf ich Ihre Couch, Ihren Sessel, Ihre Praxisräume fotografieren?“ und schreibe neben den so entstandenen Bildern das auf, was die Befragten mit ihren Arbeitsmöbeln verbinden: „Wann haben Sie Ihre Couch gekauft? Wie haben Sie sie gefunden? Haben Sie sich an der Couch Ihres Lehranalytikers orientiert?“ usw.
Claudia Guderian war vielleicht nicht die Erste, die eine solche Idee hatte, aber sie ist die Erste, die sie konsequent und gekonnt umsetzte. Sie promovierte sogar zu diesem Thema („Die Couch in der Psychoanalyse“, im gleichen Verlag, 2004).
Sie hat ein so interessantes Buch zusammengestellt, dass nahezu alle großen deutschen Zeitungen
es auf ihren Seiten vorgestellt haben.
Wer hätte das gedacht? Es muss also etwas dran sein, wenn die Verlagswerbung von den letzten „magischen“ Räumen spricht, dessen vermeintliche Geheimnisse hier gelüftet werden. Dabei geht es durchaus profan zu in den Interviews: „Was liegt auf der Couch? Was darunter? Gibt es Patienten, die ihre Schuhe ausziehen? Liegen alle Patienten auf demselben Kopfkissen?“ (Neben den brillanten großformatigen Fotos finden sich genaueste Angaben zum jeweils abgebildeten Praxisinterieur.)
Aber die lebendig dokumentierten Gespräche gehen auch weiter und tiefer: „Was ist wichtig,
wenn man einen Behandlungsraum einrichtet? Ist Psychoanalyse ein bisschen wie Kino? Gibt es eine Magie der Couch?“ Neben den 71 so sinnlich erfahrbaren Settings, die den Hauptteil des Buches ausmachen, liefert die profunde Einleitung Vertiefendes und Zusammenfassendes zur psychoanalytischen Bildästhetik, zu Einrichtungstraditionen und Rückenschmerzen und nicht zuletzt zu Ritualen im Analyseraum.
Das ist spannend, faszinierend, aufschlussreich – und am Ende einfach sehr menschlich.
Herzlichen Glückwunsch an die Autorin, an die offenherzigen Porträtierten – und vor allem auch
an die Buchgestalter und Hersteller!

Hartwig Hansen, Hamburg